Leitlinie Polypen / Wucherungen / Nasenrachenmandel /Adenoide Vegetationen
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Sitz der Rachenmandel, die im Volksmund auch als Polypen oder Wucherungen bezeichnete wird (Fachausdruck: adenoide Vegetationen):
Die Öffnung in den Paukenröhrchen hat ca. 1- 1,5 mm Durchmesser und die Paukenröhrchen sind ca. 3 mm breit, oben ist ein Dauerpaukenröhrchen abgebildet mit weichen, flexiblen Verankerungsschenkeln.
Sitz des Paukenröhrchens im vorderen unteren Quadranten des Trommelfells.
Mit den Paukenröhrchen werden die natürlichen Druckverhältnisse im Mittelohr wiederhergestellt und dadurch ein stabiles Hörvermögen gesichert (oft in einer Phase bei Kleinkindern, die für den Spracherwerb wichtig ist).
Bei Kindern mit guten Sprachleistungen kann eine gestörte Mittelohrfunktion etwas länger toleriert werden als bei sprach- und hörauffälligen Kindern, sowie Kindern mit gestörter Gesamtentwicklung. Die Verbesserung der Hörsituation mit einer Paukenröhrcheneinlage hat sich bei Nachweis einer gestörten "Jahreshörbilanz" bewährt, d.h. wenn mehr als 3 Monate pro Jahr Paukenergüsse bds. bestehen. Da die Funktionsstörung oft durch eine Verlegung der Ohrtrompete / eustachischen Röhre durch Gewebe der Rachenmandel bedingt ist, gehört zur Paukenröhrcheneinlage in der Regel auch eine Entfernung des störenden Rachenmandelgewebes (Polypen / Wucherungen) dazu.
Nach einer Paukenröhrcheneinlage bestehen keinerlei Einschränkungen im täglichen Leben. Auch im Schwimmbad oder bei einem Bad im Meer dringt in der Regel kein Wasser in das Mittelohr ein, da dafür ein Wasserdruck von > 60 cm erforderlich ist. Daher dürfen Kinder auch in klarem Wasser schwimmen und oberflächlich tauchen. Es ist kein besonderer Schutz erforderlich. Bei Seifenwasser oder Wasser mit Schaumzusätzen kann eher Wasser eindringen, da diese Zusätze die Spannkraft des Wassers reduzieren. Insofern sollte bei Seifenwasser in der Badewanne und beim Haarewaschen vorsichtig vorgegangen werden. Jeder weiß, wie Seifenwasser in den Augen brennt, so kann Seifenwasser auch die Mittelohrschleimhaut reizen, die sich dann mit deutlicher Schleimproduktion wehrt und über die Paukenröhrchen die Ohren anfangen schleimig nach außen zu nässen.
Daher sollten Sie Ihr Kind nicht unbeaufsichtigt in der Badewanne plantschen lassen. Beim Haarewaschen genügt ein aufrechter Kopf oder Schutz durch einen Waschlappen, der auf das Ohr gehalten wird.
Die Paukenröhrchen stoßen sich in der Regel von alleine ab, meist im Zeitraum von 6-18 Monaten nach der Einlage. Narben im Trommelfell entstehen selten durch Paukenröhrchen und führen normalerweise nicht zu einer Beeinträchtigung. Das Abstoßen des Paukenröhrchens sollte ärztlich ca. alle 3 Monate kontrolliert werden, da es auch gelegentlich zu Wundgewebsbildung um die Paukenröhrchen kommen kann, die mit spezielen Ohrentropfen im Frühstadium gut und schnell behandelt werden kann.
- Dauerpaukenröhrchen:
Bei Kindern die wahrscheinlich über Jahre eine Belüftungsstörung des Mittelohres haben ist eine sogenannte Dauerpaukenröhrchen-Einlage sinnvoll. Dauerpaukenröhrchen werden eingesetzt, wenn davon auszugehen ist, dass die Mittelohrfunktonsstörung über viele Jahre bestehen bleibt z.B. kann dies sinnvoll sein bei Kindern mit Gaumenspalten, mit erneuten Paukenergüssen bei bereits erfolgter Einlage selbstabstoßender Paukenröhrchen. Diese Röhrchen müssen später ärztlich entfernt werden. Bei älteren Kindern > 8 LJ ist dies oft ohne Narkose und ohne große Schmerzen möglich.
- Flugreisen:
sind mit Paukenröhrchen unproblematisch, da ja ein ständiger Druckausgleich erfolgt
- Schwimmen:
zu diesem Thema gibt es oft widersprüchliche Informationen und Ansichten. Unsere Erfahrung ist, dass 95% der Kinder ohne Probleme zu bekommen damit Baden und Schwimmen gehen können.
Daher können die meisten Kinder mit Paukenröhrchen auch ohne Gehörgangsschutz ohne gesundheitliche Risiken schwimmen gehen und z.B. das Schwimmabzeichen Seepferdchen erwerben. Vermieden werden sollte es tief zu tauchen und aus größerer Höhe ins Wasser zu springen.
- MRT (Kernspintomografie):
Informationen z.B. bei den Herstellern z.B. Spiggle & Theis Informationen zur MRT‐Sicherheit von SPIGGLE & THEIS‐Implantaten-PDF
Eine Broschüre für Eltern zum Thema Paukenröhrchen von
Servier Deutschland 2006: - ein Ratgeber für kleine und große Patienten -(als PDF-Datei)
Die Einlage von Paukenröhrchen bei Kindern ist eine der häufigsten Operationen im HNO-Fachgebiet. Die Frage, ob die Kinder baden und schwimmen dürfen oder welche Schutzmaßnahmen beim Schwimmen, Baden oder Duschen erforderlich sind, werden unterschiedlich beantwortet. Heumann6 rät auf Anfrage vom Schwimmen ohne Schutz ab, wohin gegen Linder fordert, den Kindern endlich das freie Baden zu erlauben.10 Nach einer Umfrage unter 1.266 amerikanischen HNO-Ärzten im Jahre 1990 verboten 14,1 % jegliches Schwimmen mit Paukenröhrchen während 3,1% keinerlei Vorsichtsmassnahmen für nötig hielten. 52 % erlaubten nur oberflächliches Schwimmen, 16 % auch Schwimmen unter Wasser, jedoch kein Tauchen. 42,1 % hatten im Laufe ihrer Tätigkeit ihre Empfehlungen verändert 94,1 % waren bereit, ihre Empfehlungen zu ändern wenn die entsprechenden randomisierten Studien vorlägen Die derzeit vorliegenden Metaanalysen (entsprechen Evidenzgrad I) sowie Modellunterauchungen beantworten die gestellten Fragen eindeutig. In keiner publizierten Studie fand sich ein Unterschied in der Rate der postoperativen Otorrhoe zwischen Schwimmern und Nichtschwimmern.9 In der Metaanalyse von Lee fand sich eine Ratedifferenz von - 5,04. Dies bedeutet, dass Kinder, die schwimmen, 5 % weniger Episoden mit Otorrhoe haben als Kinder, die nicht schwimmen. Der Druck, der benötigt wird, dass Wasser durch ein Paukenröhrchen ins Mittelohr gelangt, beträgt zwischen 12,8 und 22,8 cm H2O11 bzw. 11,45 und 22,57 cm H202 13. Seifenwasser oder andere Lösungen, die die Oberflächenspannung herabsetzen, führe zu einem leichteren Eindringen, jedoch waren mindestens 10,95 cm H2O auch für das Eindringen von Seifenlösung notwendig. Diese Drucke werden beim normalen Schwimmen und flachem Tauchen nicht erreicht. Aufgrund ihrer Untersuchung am Modell empfehlen Hebert et al., dass ein tieferes Tauchen über 60 cm Tiefe vermieden werden sollte.5 Allerdings besteht keine sichere Evidenz, dass das Eindringen von Schwimmwasser zu einer häufige Otorrhoe führt. 5 Die Verwendung von Gehörgangsstöpseln führe zu einer erhöhten Rate laufender Ohren im Vergleich zur Nichtbenutzung, so dass sie im Routinefall keinesfalls empfohlen werden sollten. In Integration all dieser Daten wird empfohlen, die Kinder ohne Schutzmaßnahme schwimmen, duschen und baden zu lassen. Sollte es zu einer Otorrhoe beim tieferen Tauchen im Schwimmbad kommen, wäre dann das Verwenden von Gehörgangsstöpsel bei weiteren Exkursionen empfohlen.1,4,12 Für den Tauchsport gilt, dass bei liegender Paukendrainage keine Tauchtauglichkeit besteht.14 Auch die Verwendung von Gehörgangsstöpseln führt nicht zwangsläufig zu einem wasserdichten Abdichten, da auch individuell angefertigte Gehörgangsstöpsel Wasser durchlassen können.7,8
Es gibt somit keinerlei Hinweis, dass Kinder, die ohne Schutzmaßnahme schwimmen, häufiger unter einer Otorrhoe leiden. Wir sollten uns freuen, die Lebensqualität der Kinder und Familien nicht einschränken zu müssen.
Für besorgte Eltern informatives Faltblatt der Fa. Servier zu diesem Thema
Prof. Dr. Rainer Weber, Karlsruhe
Literatur:
1. Brodsky L. (2000) Swimming with tympanostomy tubes. Arch Otolaryngol Head Neck Surg; 126:1508
2. Carbonell R, Ruiz-Garcia V (2002) Ventilation tubes after surgery for otitis media with effusion or acute otitis media and swimming. Systematic review and meta-analysis. Int J Pediatr Otorhinolaryngol: 66:281-9
3. Dorkay CS, Shroyer MN, Ashby J (1992) Water precautions in children with tympanostomy tubes. Am J Otolaryngol; 13:301-5
4. Giannoni C (2000) Swimming with tympanostomy tubes, Arch Otolaryngol Head Neck Surg; 126:1507-8
5. Hebert RL III. King GE. Bent JP III(1998) Tympanostomy tubes and water exposure. Arch Otolaryngol Head Neck Surg;124:1118-21
6. Heumann H (2002) Baden mit eingelegten Paukenröhrchen HNO; 50:168
7. Johnson DW, Maisal RH (1981) Objective evaluation of earplugs for the control of water-borne infection. Ann Otol: 90:89-93
8. Laitakari K et al. (1986) Ear protection against water-borne infection: an objective evaluation. J Laryngol Otol: 100:1337-40
9. Lee D, Youk A, Goldstein NA (1999) A meta-analysis of swimming and water precautions. Laryngoscope: 109:536-40
10. Linder TE (1999) Otorrhoe bei Paukenröhrchen HNO: 47:75-6
11. Marks NJ, Milk RP (1983) Swimming and grommets. J R Soc Med: 76:23-6
12. Myer CM III (2000) Swimming with tympanostomy tube Arch Otolaryngol Head Neck Surg: 126:1508-13
13. Pashley NR. Scholl PD (1984) Tympanostomy tubes and liquids: an in vitro study. J Otolaryngol: 13:296-8
14. Klingmann C, Wallner F. (2004) Tauchmedizinische Aspekte in der HNO-Heilkunde. 2. Teil HNO: 52: 845-59
Wissenschaftliche Information der Fa. Servier-Deutschland
In Zusammenarbeit mit der Deutschen Fortbildungsgesellschaft der Hals-Nasen-Ohren-Ärzte Neumünster
Wissenschaftlicher Beirat: Dr. V, Barth (HNO, Phoniatrie); Prof. Dr. W. Elies (HNO); Prof. Dr. K.-F. Hamann (HNO); Prof. Dr. H. Knothe (Mikrobiologie); PD Dr. G, Marklein (Mikrobiologie); Prof. Dr. H, Matthys (Pneumologie): Prof. Dr. R. Mösges (HNO); Dr. H.-M. Strahl (HNO)
6. Jahrgang 2005; Nr. 04